Hundert_Wasser_Bilder aus Venedig
25.9.18 bis 26.1.19
Galerie Tomáš Vosolsobě; Velvary (CZ)
Auf der einen Seite von der Sonne angestrahlte Gebäude, teils Jahrhunderte alt. Auf der anderen Seite ich mit der Kamera. Dazwischen einer der etwa 175 Kanäle der Lagunenstadt. Im träge dahinfließenden Wasser entstehen in Bruchteilen von Sekunden immer wieder neue, farbintensive, an Malerei erinnernde Bilder.
Die Grundformen der Häuser basieren auf sehr viel Rechtwinkligkeit. Die Natur, sagt man, kennt keinen rechten Winkel. Das Wasser ist Natur – und löst unablässig spielerisch in Kreise, Schlängellinien, in den Tönen grelle oder abgestufte Farbflächen auf, was der Mensch nach architektonischen Vorgaben massiv, statisch und meist winklig geformt und oft vor Jahrhunderten erbaut hat. Im Wasser bewegt sich alles, schwingt auf und ab. Ist in jedem folgenden Moment bereits Geschichte.
Die man jedoch festhalten kann: mit Fotos. Dann beginnt ein neues Spiel, denn nun hat man Zeit, sich die in Stillstand versetzte Natur, die sich bei ihrem Spiel nichts denkt, in Ruhe anzuschauen. Die Natur „produziert“ quasi zufällig Phantasieformen, die menschliche Phantasie vermengt diese – ohne das Träumen zu vergessen – mit Rationalität, mit Gedanken, mit Erfahrungen. Es ist ein Spiel von Assoziationen, ständig verbunden mit Versuchen zu definieren, was wir plötzlich sehen.
Am häufigsten vielleicht sind es Gesichter, die wir zu erkennen glauben. Manchmal Comicfiguren, Tiere, eine expressionistische Alpenlandschaft der Murnauer Künstlerkolonie, Reiter, ein Spiegelei, ein Teppich aus Honig, deformierte Gebäude, Häuser in Bewegung. Einzelteile von Gebäuden: Fenster, Dächer, Türen, Türmchen. Immer wieder wellenbedingt in der Spiegelung wiederum die Spiegelung der Spiegelung. Oder einfach nur eine unendliche Fülle von undefinierbaren Formen.
Und immer wieder denkt man dabei an Friedensreich Hundertwasser, der für seine Gebäude ohne rechte Winkel vielleicht „einfach nur“ einen Quadratmeter Kanalwasser herausgeschnitten und auf sein architektonisches Reißbrett oder eine Leinwand gelegt hat.
Es war 2011 bei einer Wasserspiegelung in Ljubljana, als mich zum ersten Mal dieser Gedanke an Hundertwasser beschlich. In den Folgejahren kamen hier und da neue, gleichartige Wasseraufnahmen hinzu. Die meisten Hundertwasserbilder begegneten mir jedoch in Venedig, bis ich mir 2017 sagte: „Auf nach Venedig und Hundert_Wasser_Bilder sammeln!“
In der Ausstellung gibt es mit 35 Bildern eine Auswahl aus mehreren Hundert Aufnahmen zu sehen, die einen Querschnitt der Farben, Formen, Linien und Figuren widerspiegeln.
Aber warum funktioniert dieses Bilderspiel ausgerechnet in Venedig so gut? Natürlich kann man gleiches in vielen anderen Städten beobachten. Entscheidend sind ein paar Voraussetzungen:
– Das Wasser muß in Bewegung sein, aber nicht zu schnell, dabei wenig oder kein Wind.
– Keine zu großen Abstände im Dreieck Gebäude-Wasser-Kamera.
– Möglichst Sonnenlicht auf den Gebäuden, damit die Spiegelung nicht zu trübe, dunkel oder farblos wird.
Somit eigenen sich Kanäle wie jene in Venedig am besten. Und kommt denn doch eines der zahlreichen Boote daher, ergibt sich die Chance, auf den Wellenkämmen Häuserzeilen durchs Wasser schweben zu sehen. Außerdem hat dieses fokussierte Beobachten der Wasserbildspiele in Venedig noch einen anderen Vorteil:
Man vergißt dabei den großen Touristenstrom, der einen unerbittlich umfließt.
Peter R. Fischer; Dresden, 22.9.2018
Die Fotos können käuflich erworben werden.
Ausdrucke in unterschiedlichen Größen sind möglich. Preise auf Anfrage
Als Postkarte (Ausdruck auf Fotopapier, rückseitig beschreibbar, 10×15 cm): 1 €